Die Straße 363 führt entlang des Flusses Vindelälven, Europas längster naturbelassener Fluss. Die Straße ist auch ein Teil des Vindelälvleden, eines langen Radweges. In Schweden wird nicht lange ein Radweg neben der Straße gebaut, da reicht ein kleines rotes (für Fahrrad) oder grünes (für Wanderweg) Schild unter den Straßenschildern aus. Von Sorsele, der Kommune, aus sind es etwa 80 km bis Ammarnäs auf holprigem Schlaglochfeld, und nach etwa 60 km entdecken wir auf der linken Seite einen malerisch gelegenen Campingplatz, frisch gemäht, wenige Zelte bzw. WoMos und Wohnwagen. Wir beschließen erst mal dort zu bleiben, inzwischen immer erst mal für eine Nacht zum Antesten, verlängern kann man immer. Der Platz wird von einem Norweger verwaltet, der damit seinen Zeltplatz für den Sommer finanziert, die Besitzerin wohnt in einem Haus direkt nebenan. Der Ort heißt Kraddsele, hat lt. Wikipedia 48 EinwohnerInnen und liegt mitten im Schwedischen Angelparadies. Direkt gegenüber der Einfahrt zum Campingplatz ist ein kleines Blockhaus-Carport, wo es nicht nur Lizenz-Karten für das Angeln zu kaufen gibt, hier sind auch alle Briefkästen untergebracht. Man muss zwar dort hinkommen, um die Post zu holen, dafür sind die Briefkästen vor Wind und Wetter geschützt. Und Horst hatte uns schon erzählt, dass es bei -45 °C ziemlich schattig werden kann, wenn der Motor nicht mehr anspringt. Deshalb sind ja auch die Parkplätze mit Stromanschluss ausgestattet für die elektrischen Motorheizungen. Die Tafel für die Angelregularien ist äußerst umfangreich, wieviele Fische darf man mitnehmen, bis zu welcher Größe muss man sie wieder rein schmeißen oder war es ab welcher Größe? Das nennt sich dann Angelsport, wenn man die Fische nicht zum essen angelt sondern um sie wieder in den Fluß zurück zu werfen. Ich kann das nicht nachvollziehen. Nur weil Fische nicht schreien können heißt das ja nicht, dass sie keine Schmerzen hätten. Was ist daran Sport?

Von Kraddsele aus kann man auch gut wandern, es liegt direkt am Rand des Naturschutzgebietes Vindelälven. Dort führt ein Mehrtages-Wanderweg durch, bis zur nächsten Hütte sind es 25 km, danach etwa 30 km. Wir sind eher Spaziergänger und machen unseren Ausflug zum Blekseleforsen, einem Wasserfall. Der „Wasserfall“ ist eher eine Ansammlung von Steinen im Fluss, dadurch gibt es auch einige weiße Gischtspritzer, mehr aber nicht. Der Weg führt durch Waldgebiet mit großen Felsbrocken, offenbar ist das Gebiet hier sehr eisenhaltig, die Felsen sind teilweise tiefrot gefärbt.

Jetzt ist auch die Sonne wieder am Himmel, es könnte so wunderschön sein, wenn nicht die vielen Stechmücken wären. Der Norweger verkauft uns eine Räucherspirale, trotzdem treiben uns die Mückenschwärme beim Essen nach drinnen. Wir haben zwar die Zwangsbelüftung abgedichtet, alle Fenster geschlossen, gehen vor dem Schlafen noch auf die Jagd - es hilft alles nichts: am Morgen sitzen mindestens 20 Blutsauger in der Dusche und kommen dadurch in den Alkoven um uns zu stechen. Dadurch tragen wir stark zur Dezimierung der Mücken bei, sie vermehren sich aber zu schnell…